Draußen regnet es in Strömen, aber drinnen spielt das Sommertheater. Und da es ein Sommertheater ist, stehen die Moderatorinnen auch mit Schwimmreif vor dem Publikum. Der Vorhang geht auf. Eltern, Geschwister, Oma und Opa schauen gespannt, wer jetzt wohl auf die Bühne tritt.

 

„Es war einmal…“, beginnt der Erzähler. „Woher willst du das wissen, wir haben unsere Geschichte doch noch gar nicht zu Ende geschrieben“, entgegnet ein Mädchen. Um die Geschichte muss man sich in der Gruppe szenisches Theater also erst noch streiten. Kinder fangen an, das Skript auf Plakatwände zu schreiben – es soll ihre Geschichte werden. Ein kleiner Tyrann tritt auf die Bühne mit einer ganz eigenen Vorstellung von dem Theaterstück:  „Das ist doch alles Unsinn! Menschen sollen leiden, das macht mir Spaß!“, kreischt er. Aber natürlich ist der Streit nicht improvisiert. Eine Woche lang hat die Gruppe ihn einstudiert, am Skript gefeilt und die Geschichte weitergeschrieben, in der Aurora einen herrischen Prinzen im roten Bademantel heiraten soll, der Orangensaft, Kaffee und einen Kamm bestellt und doch mit nichts zufrieden ist. Dasszenische Schreiben ist eine von vier Geschichten, die heute aufgeführt werden vor stolzen Eltern und Freunden.

Die Geschichte des Tanzworkshops hat eine andere Perspektive gewählt. Wir befinden uns viele Jahre in der Zukunft. Ein bärtiger Opa im Schaukelstuhl erklärt seinem Enkel, dass er morgens Cola bekommt, damit er unter Wasser atmen kann. Heidelberg wurde nämlich geflutet. Dazwischen tanzen zwei Gruppe um die verbliebenen Teile von Heidelberg: „Yo brother, lass batteln!“. In dem Stück des Maskenworkshops schleift eine böse Hexe mit grüner Haut  ein Kind mit sich über die Bühne. Am Ende geht aber alles gut aus und die Hexe feiert mit den andern Kindern. Kreative Geschichten, auf die man erst  mal kommen muss.

 

Am ersten Tag lernten die Kinder in kurzen Trailern alle Gruppen kennen und konnten sich dann zwischen chorischem Theater, szenischem Schreiben, Tanz- und Maskenworkshop entscheiden. In ihrer Gruppe übten sie bis zur großen Aufführung am Freitag.

„Wenn Kinder Theater spielen, lernen sie mehr als nur das Schauspielen. Sie lernen als Gruppe zu agieren: Eine böse Hexe wirkt nur, wenn alle andern auf der Bühne Furcht zeigen!“, erklärt Jasmin Meindl, die die Theaterwerkstatt mitbetreut. Die Kinder können außerdem ihre Rolle selbst formen und so ihre eigenen Kompetenzen kennenlernen. Jeder darf in seinen eigenen Worten sprechen, niemand muss lange Skripte auswendig lernen. Hier im Sommertheater trauen sich die Kinder, sich vor die Gruppe zu stellen – ein geschützter Raum, in dem keiner verletzt wird. „Die Kinder treten aus ihrem Schatten auf die Bühne. Bei unserer Aufführung hat sich keiner versteckt!“, freut sich Betreuer Manfred Maier.

„Schluss, aus , basta!“, rufen die Kinder im Ende. Das macht man so im Sommertheater, bevor alle nachhause gehen. Gern geht hier aber bestimmt kein Kind.

Das Sommertheater ist eine Kooperation des Stadtjugendrings Heidelberg mit der Theaterwerkstatt Heidelberg.